Eine Frage des Rechts? Der Wettlauf um die Studienplätze

Der Weg in die Zukunft steht jedem offen
Ob Abiturienten sich für ihr gewünschtes Fach an der gewünschten Universität einschreiben dürfen, hängt in erster Linie von ihrem Notendurchschnitt ab. Allgemein gilt: Je mehr Bewerber, desto höher der Numerus Clausus. Wer sich für einen besonders beliebten Studiengang wie Medizin oder Psychologie interessiert, muß dementsprechend einen N.C. von mindestens 1,5 vorweisen, um beim ersten Anlauf Erfolg zu haben. Aber ist es fair, daß das Abiturzeugnis allein über mögliche Wege an der Hochschule und damit die gesamte berufliche Laufbahn entscheidet? Die Antwort des deutschen Gesetzes lautet: Nein - zumindest nicht immer. Wenn alle Stricke reißen, bleibt unter Umständen noch die Studienplatzklage als Alternative. Wann ein solcher Schritt Sinn hat, mit welchen Erfolgschancen Sie dabei rechnen können, und wieviel Aufwand dieses Verfahren mit sich bringt, erfahren Sie hier.

Voraussetzungen

Eine Studienplatzklage kann nicht immer Abhilfe schaffen. Wenn Kandidaten bei­spiels­wei­se nur von der bevorzugten Universität abgelehnt wurden, aber das gleiche Fach an einem anderen Ort studieren könnten, ist eine rechtliche Anfechtung nicht möglich. Solche Probleme lassen sich gegebenenfalls durch einen Studienplatztausch lösen. Kurz gesagt bedeutet dies: Zwei Bewerber tauschen untereinander ihre Zulassungen an verschiedenen Hochschulen aus, um in der Stadt ihrer Wahl zu studieren. Liegt ein Negativbescheid vor, weil formale Vorgaben oder Fristen nicht eingehalten wurden, besteht ebenfalls keine Chance auf eine Klage. In diesen Fällen bleibt Bewerbern nichts anderes übrig, als es im nächsten Semester erneut zu versuchen. Um gerichtlich einen Studienplatz einzufordern, muß man also folgende Bedingungen einhalten:

  • Die Bewerbung wurde an allen verfügbaren Standorten abgelehnt.
  • Alle Unterlagen liegen form- und fristgerecht bei den zuständigen Einrichtungen vor.
  • Die jeweiligen Bewerber decken alle Qualifikationen ab, die regulär eine Zulassung rechtfertigen, z.B. erforderlicher Notendurchschnitt und Ableistung von Wartesemestern.

Rechtliche Grundlage

In manchen Fällen ist eine Studienplatzklage erfolgreich
Alle oben genannten Kriterien liefern zusammen eine solide Basis für Rechtsanwälte, die auf Studienplatzklagen spezialisiert sind. Solche Experten stützen sich hauptsächlich auf Artikel 12 des Grundgesetzes. Dieser besagt im ersten Abschnitt:

"Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen."

Daraus läßt sich schlußfolgern, daß auch alle deutschen Studienbewerber das Recht haben, ihr Fach frei zu wählen - selbst wenn das Bildungssystem derzeit nicht genügend Plätze zur Verfügung stellt. Laut Gesetz sind alle Hochschulen in Deutschland verpflichtet, ihre Kapazitäten voll auszuschöpfen. Nichtsdestotrotz setzen die meisten Institutionen ihre Teilnehmerzahlen aus verwaltungstechnischen Gründen niedriger an. Hier kommt nun der beauftragte Rechtsexperte ins Spiel. Dieser stellt einen   Antrag auf außerkapazitäre Zulassung. (http://www.jura.cc/taetigkeitsbereiche/kindergarten-schule-universitaet-pruefung-bafoeg/studienplatzklage/antrag-auf-ausserkapazitaere-zulassung-zum-studium-muster/) Diesem Antrag liegt das Argument zugrunde, daß die jeweilige Universität ihre maximal verfügbaren Plätze falsch kalkuliert hat.

Verlauf

In der Regel lehnt die betreffende Hochschule eine außerkapazitäre Zulassung im ersten Durchlauf ab. Deshalb leitet der zuständige Rechtsanwalt gleichzeitig über die sogenannte "einstweilige Anordnung" ein Eilverfahren beim Verwaltungsgericht ein. Dadurch erhält ein unabhängiges Gericht den Auftrag, die bisherige Kalkulation der Studienplätze zu überprüfen. Fällt die Entscheidung zugunsten des Klägers aus, muß die Universität zusätzliche Plätze freigeben. Wie hoch die Chancen auf ein solches Ergebnis sind, läßt sich allerdings pauschal schwer beurteilen. Jedes einzelne Verfahren hängt von einem Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren ab. Mitunter kann es passieren, daß die Zahl der freigegebenen Zulassungen nicht für sämtliche Kläger ausreicht. Aktuell schätzt man die Aussichten für bestimmte Studienfächer wie folgt:

StudiengangWahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Klage
Medizin50-70%
Lehramt80%
Psychologienahezu 100%

Kosten

Angesichts des Risikos, das Studienplatzkläger mit einem Rechtsverfahren eingehen, stellt sich natürlich die Frage, ob sich ein solches Wagnis aus finanzieller Sicht lohnt. Generell fallen für das Verfahren Kosten für drei Instanzen an, nämlich:

  • Verwaltungsgericht
  • der eigene Anwalt
  • die Rechtsvertreter der angeklagten Universität

Die Gebühren für das Verwaltungsgericht variieren je nach Bundesland. Üblicherweise setzen die zuständigen Behörden einen einheitlichen Satz für Eilverfahren fest. Dieser   "Streitwert" (https://www.studieren.org/studienplatzklage/kosten/) beläuft sich auf folgende Zahlen:

BundeslandDurchschnittlicher Streitwert in EUR
Baden Württemberg
Berlin/Brandenburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Nordrhein-Westfalen
Niedersachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
5.000,00
Hamburg3.750,00
Bayern
Rheinland-Pfalz
Sachsen
2.500,00
Saarland1.000,00

Wie teuer die beauftragten Anwälte ausfallen, läßt sich weniger zuverlässig voraussagen. Prinzipiell stellen Kanzleien ihre Leistungen auf einer Honorarbasis in Rechnung, die zuvor in individueller Absprache vereinbart wird. Alles in allem ergibt sich im Laufe des Verfahrens eine Summe von bis zu 10.000 EUR. Normalerweise muß letzten Endes der Verlierer für diese Summe aufkommen. Jedoch kann das Gericht entscheiden, daß die Kläger auch einen Großteil der Ausgaben übernehmen, wenn Sie den Rechtsstreit gewinnen. Au­ßer­dem hat die Gegenseite die Möglichkeit, Berufung einzulegen und das Urteil in zweiter Instanz prüfen zu lassen. So können ebenfalls weitere Kosten entstehen. Bevor Sie sich entscheiden, rechtliche Schritte gegen eine Universität einzuleiten, sollten Sie sich also in einem persönlichen Gespräch mit dem Anwalt Ihres Vertrauens über alle Eventualitäten informieren.