Rechenschwäche (Dyskalkulie)

Können Sie sich vorstellen, nicht rechnen zu können? Natürlich können Sie das nicht! Zumindest die vier Grundrechenarten gehören zu denjenigen Dingen, die bereits in frühen Lernphasen im Gehirn verankert werden. Sie denken nicht mehr darüber nach, wenn Sie zwei Brötchen kaufen, die je 50 Cent kosten. Wenn Sie beim Einkauf 10% Rabatt bekommen wissen Sie, daß Sie tüchtig Geld sparen. Bei einer Familienfeier können Sie abschätzen, wieviel Kuchen bereitstehen muß. All das ist für die meisten Menschen selbstverständlich. Nicht aber für Menschen, die an Rechenschwäche bzw. Dyskalkulie leiden.

Kinder mit Rechenschwäche müssen häufig nachzählen
Rechenschwäche ist eine Lernstörung, die sich in vielfältiger Weise äußern kann. Zum Beispiel können beim einfachen Abzählen Schwierigkeiten auftreten; Betroffene haben dann z.B. Probleme, die Zahlen von 1 bis 20 aufzusagen: Zahlen werden übersprungen oder zwischen den Zahlen entstehen Pausen - vor allem beim Zehnerübergang. Häufig fehlt das Verständnis dafür, daß Zahlen auch Mengen entsprechen können, z.B. die "11" einer Fußballmannschaft mit elf Spielern. Dies äußert sich dann z.B. darin, daß neu nachgezählt werden muß, wenn die Mannschaft auf der anderen Seite des Spielfelds spielt oder ein Spieler ausgewechselt wird. Der normalerweise einleuchtende Gedanke "ein Spieler verläßt die Mannschaft, ein anderer kommt hinzu, dann sind nachher genauso viele Spieler wie vorher auf dem Platz" ist für Menschen mit Rechenschwäche nicht nachvollziehbar.

Rechenschwäche erkennen

Eine Rechenschwäche sollte so früh wie möglich erkannt werden, um frühzeitig mit einem passenden Training beginnen zu können. In der Schule erfahren Kinder aber, daß von ihnen eine bestimmte Leistung erwartet wird. Treten dann Probleme beim Rechnen auf, entwickeln sie selbst Strategien, um dennoch die erwartete Leistung bringen zu können. Dadurch bleiben Rechen- oder andere Lernschwächen häufig unerkannt - bis der Druck so groß wird, daß die vom Kind entwickelten Hilfsstrategien nicht mehr funktionieren. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn in der Schule mit sehr großen Zahlen gerechnet wird oder Bruchzahlen eingeführt werden: Hat das Kind bis dahin vielleicht (heimlich) mit den Fingern gerechnet, ist das bei großen Zahlen und Brüchen nicht mehr möglich - die Strategie versagt.

Um eine möglicherweise bestehende Rechenschwäche erkennen zu können, ist vor allem Auf­merk­sam­keit wichtig. Achten Sie darauf, wie sich Ihr Kind bei den Hausaufgaben verhält. Benutzt es vielleicht in Momenten, in denen es sich unbeobachtet fühlt, ständig die Finger zum Rechnen? Sprechen Sie mit Ihrem Kind über die Hausaufgaben. Hat es alles richtig verstanden? Erfinden Sie eigene Aufgaben oder verändern und erweitern Sie Aufgaben, die in der Schule gerechnet wurden. Zeigt das Kind Verständnis für Zahlen und Mengen?

Es gibt eine ganze Reihe spezifischer Tests, die genaue Auskunft darüber geben, ob ein Kind möglicherweise an einer Rechenschwäche leidet. Solche Tests können in vielen Büchern über Dyskalkulie nachgelesen oder auch bei Experten durchgeführt werden. Informationen über wei­ter­füh­ren­de Literatur finden Sie auf der Lernenheute Bücherliste.

Trai­nings­mög­lich­kei­ten für Menschen mit Rechenschwäche

Rechenschwache Kinder müssen Zahlen im Wortsinn er-fassen
Heutzutage gibt es eine ganze Reihe von ausgefeilten Trai­nings­pro­gram­men für Menschen mit Rechenschwäche. Gemeinsam ist allen diesen Angeboten, daß sie versuchen, in der Kindheit Versäumtes nachzuholen: Das Verständnis für Zahlen und Mengen muß im Gehirn fest verankert werden. Dazu ist es notwendig, die dafür zuständigen Gehirnareale gezielt anzuregen, so daß die notwendigen Nervenverbindungen aufgebaut werden.

Geeignete Übungen beruhen darauf, Zahlen und Mengen auf verschiedenen Wegen erfahrbar zu machen: Eine Zahl wird nicht nur aufgeschrieben, sondern z.B. aus Karton ausgeschnitten und gefühlt. Parallel wird die durch die Zahl angegebene Menge Bälle o.ä. bereitgelegt und unterschiedlich angeordnet. Durch die Verknüpfung mit verschiedenen Sinneserfahrungen - Sehen, Hören und Fühlen gleichzeitig - wird die Information für das Gehrin besonders wichtig. Wichtig ist, die Übungen re­gel­mä­ßig und aufmerksam durchzuführen.

Eine Möglichkeit, das Rechentraining auch zu Hause durchzuführen, bietet das "Es-ist-so-einfach"-Paket von Joseph Kennedy, das auch als Paket für Rechentraining verfügbar ist. Diese Zusammenstellung von Übungen funktioniert so gut, daß sie sogar in Schulen verwendet wird.

Menschen mit Rechenschwäche sind nicht dumm!

Abschließend sei nochmals betont, daß Menschen, die unter Dyskalkulie leiden, keineswegs dumm sind. Häufig ist sogar das Gegenteil der Fall: Nur hochintelligenten Menschen ist es möglich, derart grundlegende Schwächen über lange Zeit durch verschiedenste Strategien zu verheimlichen! Eine Rechenschwäche kann entstehen, wenn ein Ent­wick­lungs­schritt des Gehirns nicht vollständig durchlaufen wird. Das kann bei­spiels­wei­se durch zeitweise Überforderung, ein ungeeignetes Lernumfeld oder auch einfach durch einen anderen Ent­wick­lungs­rhyth­mus passieren. Es ist also nicht schlimm, wenn ein Kind - oder auch ein Erwachsener - eine Rechenschwäche hat. Aber jeder Tag, der ohne geeignetes Training verstreicht, bereitet dem Betroffenen zusätzliche Mühe.

Literatur

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